Man gedenke nur an seine eigne Studentenzeit; für mich zum Beispiel waren die akademischen Philosophen ganz und gar gleichgültige Menschen und galten mir als Leute, die aus den Ergebnissen der andern Wissenschaften sich etwas zusammenrührten, in Mußestunden Zeitungen lasen und Konzerte besuchten; die übrigens selbst von ihren akademischen Genossen mit einer artig maskierten Geringschätzung[357] behandelt wurden. Das mochte bis zu einem gewissen Grade angehen; aber es geht nicht an, wenn der moderne Staat eine Gegenphilosophie ernennt, von der er legitimiert werden will: denn er hat nach wie vor die Philosophie gegen sich, und zwar jetzt mehr als vorher. Willst du sein Fürsprecher, sein Erlöser sein? Sie möchten gar zu gerne glauben machen, daß sie allen Jahrhunderten den Preis abgelaufen hätten, und sie bewegen sich mit künstlicher Lustigkeit. Schopenhauer spricht den Le-ser direkt an, unverstellt und ohne sich hinter einer Maske Zahllose unbewiesene abstrakte Prinzipien sind von sanguinischen Leuten hastig gesammelt und in Büchern und Theorien sorgfältig in die Länge gezogen worden, um mit ihnen die ganze Welt zu erklären. Diese einzelnen sollen ihr Werk vollenden – das ist der Sinn ihres Zusammenhaltens; und alle, die an der Institution teilnehmen, sollen bemüht sein, durch eine fortgesetzte Läuterung und gegenseitige Fürsorge, die Geburt des Genius und das Reifwerden seines Werks in sich und um sich vorzubereiten. Aliis laetus, sibi sapiens. Sie wissen, diese Einsamen und Freien im Geiste – daß sie fortwährend irgendworin anders scheinen als sie denken: während sie nichts als Wahrheit und Ehrlichkeit wollen, ist rings[301] um sie ein Netz von Mißverständnissen; und ihr heftiges Begehren kann es nicht verhindern, daß doch auf ihrem Tun ein Dunst von falschen Meinungen, von Anpassung, von halben Zugeständnissen, von schonendem Verschweigen, von irrtümlicher Ausdeutung liegenbleibt. München: Hanser, 1954. Freilich, hundertmal größer wäre das Glück, wenn bei dieser Untersuchung herauskäme, daß etwas so Stolzes und Hoffnungsreiches wie dies Zeitalter noch gar nicht dagewesen sei. Die eine fordert, der Erzieher solle die eigentümliche Stärke seiner Zöglinge bald erkennen und dann alle Kräfte und Säfte und allen Sonnenschein gerade dorthin leiten, um jener einen Tugend zu einer rechten Reife und Fruchtbarkeit zu verhelfen. Ich schildere nichts als den ersten gleichsam physiologischen Eindruck, welchen Schopenhauer bei mir hervorbrachte, jenes zauberartige Ausströmen der innersten Kraft eines Naturgewächses auf ein anderes, das bei der ersten und leisesten Berührung erfolgt; und wenn ich jenen Eindruck nachträglich zerlege, so finde ich ihn aus drei Elementen gemischt, aus dem Eindrucke seiner Ehrlichkeit, seiner Heiterkeit und seiner Beständigkeit. Das war die erste Gefahr, in deren Schatten Schopenhauer heranwuchs: Vereinsamung. Er ahnt das Leiden nicht, das manche Erkenntnis mit sich führt, und fürchtet sich deshalb auf Gebieten nicht, wo anderen das Herz schaudert. Wie selten bringt sie es überhaupt zu einer Wirkung! Friedrich Nietzsche, Digitale Kritische Gesamtausgabe Werke und Briefe auf der Grundlage der Kritischen Gesamtausgabe Werke, herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Berlin/New York, Walter de Gruyter, 1967ff. Es gibt keine Berühmtheiten und kein Nachdenken jener Art mehr; man zehrt tatsächlich an dem ererbten Kapital von Sittlichkeit, welches unsre Vorfahren aufhäuften und welches wir nicht zu mehren, sondern nur zu verschwenden verstehen; man redet über solche Dinge in unsrer Gesellschaft entweder gar nicht oder mit einer naturalistischen Ungeübtheit und Unerfahrenheit, welche Widerwillen erregen muß. Das Nachlaßfragment 27[80] aus dem Frühsommer 1878, in dem Nietzsche rückblickend die Bedeutung von »Schopenhauer als Erzieher« für seinen Werdegang beurteilt, scheint das Scheitern des Versuchs zu betonen, die Schopenhauer- und die Wagner-Erfahrung zusammenzudenken. Wenn der Deutsche aufhört, Faust zu sein, ist keine Gefahr größer als die, daß er ein Philister werde und dem Teufel verfalle – nur himmlische Mächte können ihn hiervon erlösen. Er findet seinen Weg in jedem Falle, ohne daß wir auch nur merken, daß er ihn gesucht hätte; sondern wie durch ein Gesetz der Schwere gezwungen läuft er daher, so fest und behend, so unvermeidlich. Man schämt sich ordentlich, solche heiteren Zeitgenossen zu haben, weil sie die Zeit und uns Menschen in ihr bei der Nachwelt bloßstellen. Solche Menschen haben den letzten Rest nicht nur einer philosophischen, sondern auch einer religiösen Gesinnung eingebüßt und statt alledem nicht etwa den Optimismus, sondern den Journalismus eingehandelt, den Geist und Ungeist des Tages und der Tageblätter. Solche Schriftsteller fehlen uns. Einen solchen führt der, welcher, in irgendeiner Art und Angelegenheit, für das allen irgendwie zugute Kommende mit übergroßen Schwierigkeiten kämpft und am Ende siegt, dabei aber schlecht oder gar nicht belohnt wird. Deshalb soll es durchaus die Absicht der modernen Bildungsanstalten sein, jeden so weit zu fördern, als es in seiner Natur liegt, kurant zu werden, jeden dermaßen auszubilden, daß er von dem ihm eigenen Grade von Erkenntnis und Wissen das größtmögliche Maß von Glück und Gewinn habe. Die Erfahrung belehrt uns leider eines Bessern – oder Schlimmern: sie sagt, daß in Hinsicht auf die großen Philosophen von Natur nichts[352] ihrer Erzeugung und Fortpflanzung so im Wege steht als die schlechten Philosophen von Staats wegen. Das Höchste, die Erzeugung des philosophischen Genius, nichts als ein Vorwand? Schopenhauer as Educator (" Schopenhauer als Erzieher "), 1874, describes how the philosophic genius of Schopenhauer might bring on a resurgence of German culture. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst. Schopenhauers Natur enthielt nun eine seltsame und höchst gefährliche Doppelheit. Man sieht mit banger Erwartung auf sie hin wie in den Braukessel einer Hexenküche: es kann jeden Augenblick zucken und blitzen, schreckliche Erscheinungen anzukündigen. Von dieser Seite kommt jener beliebte Satz und Kettenschluß her, der ungefähr so lautet: möglichst viel Erkenntnis und Bildung, daher möglichst viel Bedürfnis, daher möglichst viel Produktion, daher möglichst viel Gewinn und Glück – so klingt die verführerische Formel. So ist es gekommen, daß unsre Schulen und Lehrer von einer sittlichen Erziehung einfach absehen oder sich mit Förmlichkeiten abfinden: und Tugend ist ein Wort, bei dem Lehrer und Schüler sich nichts mehr denken können, ein altmodisches Wort, über das man lächelt – und schlimm, wenn man nicht lächelt, denn dann wird man heucheln.[293]. Wir haben uns über unser Dasein vor uns selbst zu verantworten; folglich wollen wir auch die wirklichen Steuermänner dieses Daseins abgeben und nicht zulassen, daß unsre Existenz einer gedankenlosen Zufälligkeit gleiche. Nietzsche gives special attention to Schopenhauer's individualism, honesty and steadfastness as well as his cheerfulness, despite Schopenhauer's noted pessimism. Es ist aber ein Wunder und nichts Geringeres, daß er zu diesem menschlichen Beispiel heranwuchs: denn er war von außen und von innen her durch die ungeheuersten Gefahren gleichsam umdrängt, von denen jedes schwächere Geschöpf erdrückt oder zersplittert wäre. Denn wir wissen, was die Kultur ist. Jener erziehende Philosoph, den ich mir träumte, würde wohl nicht nur die Zentralkraft entdecken, sondern auch zu verhüten wissen, daß sie gegen die andern Kräfte zerstörend wirke: vielmehr wäre die Aufgabe seiner Erziehung, wie mich dünkte, den ganzen Menschen zu einem lebendig bewegten Sonnen- und Planetensysteme umzubilden und das Gesetz seiner höheren Mechanik zu erkennen. Und so muß ernst und bestimmt gefragt werden: ist es möglich, jenes unglaublich hohe Ziel so in die Nähe zu rücken, daß es uns erzieht, während es uns aufwärtszieht? Um so mehr strengte ich mich an, durch das Buch hindurch zu sehen und mir den lebendigen Menschen vorzustellen, dessen großes Testament ich zu lesen hatte und der nur solche zu seinen Erben zu machen verhieß, welche mehr sein wollten und konnten als nur seine Leser: nämlich seine Söhne und Zöglinge. Für ihn gab es nur eine Aufgabe und hunderttausend Mittel, sie zu lösen: einen Sinn und unzählige Hieroglyphen, um ihn auszudrücken. Hier bin ich bei der Beantwortung der Frage angelangt, ob es möglich ist, sich mit dem großen Ideale des Schopenhauerschen Menschen durch eine regelmäßige Selbsttätigkeit zu verbinden. Und gerade die Gewalten, welche jetzt am tätigsten die Kultur fördern, haben dabei Nebengedanken und verkehren mit ihr nicht in reiner und uneigennütziger Gesinnung. Denn ich sehe es den Menschen nicht deutlich an, als welche vor allem selbst revolutioniert[302] sein müßten, bevor irgendwelche ganze Gebiete es sein könnten. Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchem niemand gehen kann, außer dir: wohin er führt? Ist ein solches Denken nicht von vornherein gleichsam entmannt! Man muß es sogar für wahrscheinlich halten, daß das nächste Jahrtausend auf ein paar neue Einfälle kommt, über welche einstweilen die Haare jedes Jetztlebenden zu Berge stehen möchten. Es macht uns traurig, ihn auf der Jagd nach irgendwelchen Spuren seines Bekanntwerdens zu sehen; und sein endlicher lauter und überlauter Triumph darüber, daß er jetzt wirklich gelesen werde (»legor et legar«), hat etwas Schmerzlich-Ergreifendes. This is a preview of subscription content, log in to check access. Sie ist sich selber ebenso nützlich, als sie ihren Dienern schädlich ist, insofern sie auf dieselben ihren eignen Charakter überträgt und damit ihre Menschlichkeit verknöchert. – Zwölftens der Gelehrte aus Spieltrieb. Er hat Recht: die Menschen sind noch fauler als furchtsam und fürchten gerade am meisten die Beschwerden, welche ihnen eine unbedingte Ehrlichkeit und Nacktheit aufbürden würde. Es erfordert ein freilich ganz ungewohntes Nachdenken, einmal von den gegenwärtigen Anstalten der Erziehung weg und hinüber nach durchaus fremd- und andersartigen Institutionen zu sehen, welche vielleicht schon die zweite oder dritte Generation für nötig befinden wird. Aber hier gerade ist das Wunder: wie unbegreiflich ganz und unzerbrechlich mußte Schopenhauers Natur sein, wenn sie auch nicht durch diese Sehnsucht zerstört werden konnte und doch auch nicht verhärtet[305] wurde! Vermöge dieser Erfahrung wußte er, wie der freie und starke Mensch beschaffen sein muß, zu dem sich jede künstlerische Kultur hinsehnt; konnte er, nach diesem Blicke, wohl noch viel Lust übrig haben, sich mit der sogenannten »Kunst« in der gelehrten oder hypokritischen Manier des modernen Menschen zu befassen? For additional information, see the Global Shipping Program, This amount includes applicable customs duties, taxes, brokerage and other fees. Jener ungeheure Schwarm, welcher sich auf dem ersten Wege zu seinem Ziele drängt, versteht darunter Einrichtungen und Gesetze, vermöge deren er selbst in Ordnung aufgestellt wird und vorwärts geht, und durch welche alle Widerspenstigen und Einsamen, alle nach höheren und entlegneren Zielen Ausschauenden in Bann getan werden. Sie werden erbittert, diese abkräftigen armen Schelme, wenn man von ihrer Schwäche spricht und ihrem schädlichen Lügengeiste widerstrebt. Daß Ehrlichkeit etwas ist und sogar eine Tugend, gehört freilich im Zeitalter der öffentlichen Meinungen zu den privaten Meinungen, welche verboten sind; und deshalb werde ich Schopenhauer nicht gelobt, sondern nur charakterisiert haben, wenn ich wiederhole: er ist ehrlich, auch als Schriftsteller; und so wenige Schriftsteller sind es, daß man eigentlich gegen alle Menschen welche schreiben, mißtrauisch sein sollte. Mehrmals ist mir schon, wenn ich jemandem die Abwesenheit einer deutschen Kultur vor Augen stellte, eingewendet worden: »aber diese Abwesenheit ist ja ganz natürlich, denn die Deutschen sind bisher zu arm und bescheiden gewesen. Die »Wahrheit« aber, von welcher unsre Professoren so viel reden, scheint freilich ein anspruchsloseres Wesen zu sein, von dem keine Unordnung und Außerordnung zu befürchten ist: ein bequemes und gemütliches Geschöpf, welches allen bestehenden Gewalten wieder und wieder versichert, niemand solle ihrethalben irgendwelche Umstände haben; man sei ja nur »reine Wissenschaft«. Hierin, wie gesagt, ist Schopenhauer groß, daß er jenem Bilde nachgeht wie Hamlet dem Geiste, ohne sich abziehn zu lassen, wie Gelehrte tun, oder durch begriffliche Scholastik abgesponnen zu werden, wie es das Los der ungebändigten Dialektiker ist. Da ertönt Musik, ein alter Mann dreht einen Leierkasten, die Tänzer drehen sich – es erschüttert den Wanderer, dies zu sehen: so wild, so verschlossen, so farblos, so hoffnungslos ist alles, und jetzt darin ein Ton der Freude, der gedankenlosen lauten Freude! By: Friedrich Nietzsche Narrated by: Hans Jochim Schmidt Free with a 30-day trial $14.95/month after 30 days. Doch ich habe versprochen, Schopenhauer, nach meinen Erfahrungen, als Erzieher darzustellen, und somit ist es bei weitem nicht genug, wenn ich, noch dazu mit unvollkommnem Ausdruck, jenen idealen Menschen hinmale, welcher in und um Schopenhauer, gleichsam als seine platonische Idee, waltet. Erträgt es jemand also, Philosoph von Staats wegen zu sein, so muß er es auch ertragen, von ihm so angesehen zu werden, als ob er darauf verzichtet habe, der Wahrheit in alle Schlupfwinkel nachzugehen. In unserer gewöhnlichen Verfassung können wir freilich nichts zur Erzeugung des erlösenden Menschen beitragen, deshalb hassen wir uns in dieser Verfassung, ein Haß, welcher die Wurzel jenes Pessimismus ist, den Schopenhauer unser Zeitalter erst wieder lehren mußte, welcher aber so alt ist als es je Sehnsucht nach Kultur gab. Nicht nur in betreff der Güte, sondern auch der notwendigen Zahl der guten ist er jetzt die Auktorität. Ehemals glaubten einige von ihnen, neue Religionen erfinden oder alte durch ihre Systeme ersetzen zu können; jetzt ist ein solcher Übermut von ihnen gewichen, sie sind meistens fromme, schüchterne und unklare Leute, nie tapfer wie Lucrez und ingrimmig über den Druck, der auf den Menschen gelegen hat. Unsre Künstler leben kühner und ehrlicher; und das mächtigste Beispiel, welches wir vor uns sehn, das Richard Wagners, zeigt, wie der Genius sich nicht fürchten darf, in den feindseligsten Widerspruch mit den bestehenden Formen und Ordnungen zu treten, wenn er die höhere Ordnung und Wahrheit, die in ihm lebt, ans Licht herausheben will. Gewiß, daß auch jetzt noch in sehr vielen Dingen die Schätzung des Gelehrten zu hoch ist und deshalb schädlich wirkt, zumal in allen Anliegenheiten des werdenden Genius. Wer wird nun, bei solchen Gefahren unserer Periode, der Menschlichkeit, dem unantastbaren heiligen Tempelschatze, welchen die verschiedensten Geschlechter allmählich angesammelt haben, seine Wächter- und Ritterdienste widmen? Dies alles begreifen wir, wie gesagt, dann und wann einmal und wundern uns sehr über alle die schwindelnde Angst und Hast und über den ganzen traumartigen Zustand unseres Lebens, dem vor dem Erwachen zu grauen scheint und das um so lebhafter und unruhiger träumt, je näher es diesem Erwachen ist. Sie geht im Bereiche der Kultur ebenso vergeuderisch um wie bei dem Pflanzen und Säen. Die Heiterkeit dagegen, welche man bei mittelmäßigen Schriftstellern und kurzangebundenen Denkern mitunter antrifft, macht unsereinen, beim Lesen, elend: wie ich das zum Beispiel bei David Straußens Heiterkeit empfand. Nun tritt noch der Trieb zum Widerspruch hinzu, die Persönlichkeit will, allen anderen entgegen, sich fühlen und fühlen lassen; der Kampf wird zur Lust und der persönliche Sieg ist das Ziel, während der Kampf um die Wahrheit nur der Vorwand ist. Daher ist es außer allem Zweifel daß die akademischen Jünglinge sich sehr bald ohne die Philosophie, welche auf ihren Universitäten gelehrt wird, behelfen werden, und daß die außerakademischen Männer sich jetzt bereits ohne sie behelfen. Hier und da ist einer von Natur mit Scharfblick ausgerüstet, seine Gedanken gehen gern den dialektischen Doppelgang; wie leicht ist es, wenn er seiner Begabung unvorsichtig die Zügel schießen läßt, daß er als Mensch zugrunde geht und fast nur noch in der »reinen Wissenschaft« ein Gespensterleben führt: oder daß er, gewohnt daran, das Für und Wider[306] in den Dingen aufzusuchen, an der Wahrheit überhaupt irre wird und so ohne Mut und Zutrauen leben muß, verneinend, zweifelnd, annagend, unzufrieden, in halber Hoffnung, in erwarteter Enttäuschung: »es möchte kein Hund so länger leben!« Die dritte Gefahr ist die Verhärtung, im Sittlichen oder im Intellektuellen; der Mensch zerreißt das Band, welches ihn mit seinem Ideal verknüpfte; er hört auf, auf diesem oder jenem Gebiete fruchtbar zu sein, sich fortzupflanzen, er wird im Sinne der Kultur schwächlich oder unnütz. Diese Klapperer sind die Naturwissenschaften und die Historie; allmählich haben diese die deutsche Traum- und Denkwirtschaft, die so lange Zeit mit der Philosophie verwechselt wurde, dermaßen eingeschüchtert, daß jene Denkwirte den Versuch, selbständig zu gehen, gar zu gern aufgeben möchten; wenn sie aber jenen unversehens in die Arme fallen oder ein Gängelbändchen an sie anbinden wollen, um sich selbst zu gängeln, so klappern jene sofort so fürchterlich wie möglich – als ob sie sagen wollten: »das fehlte nur noch, daß so ein Denkwirt uns die Naturwissenschaften oder die Historie verunreinigte! Ich könnte mir recht gut einen Grad von Stolz und Selbstachtung denken, bei dem ein Mensch zu seinen Mitmenschen sagt: sorgt ihr für mich, ich habe Besseres zu tun, nämlich für euch zu sorgen. Und wenn es leider wahr ist, daß ein guter Teil der Deutschen sich gern derartig kneten und zurechtformen lassen will, so soll doch dagegen so oft gesagt werden, bis man es hört: bei euch wohnt sie gar nicht mehr, jene alte deutsche Art, die zwar hart, herbe und voller Widerstand ist, aber als der köstlichste Stoff, an welchem nur die größten Bildner arbeiten dürfen, weil sie allein seiner wert sind. Die gelehrte Historie des Vergangnen war nie das Geschäft eines wahren Philosophen, weder in Indien noch in Griechenland; und ein Philosophieprofessor muß es sich, wenn er sich mit solcherlei Arbeit befaßt, gefallen lassen, daß man von ihm, bestenfalls, sagt: er ist ein tüchtiger Philolog, Antiquar, Sprachkenner, Historiker – aber nie: er ist ein Philosoph. Gewiß,[317] er vernichtet sein Erdenglück durch seine Tapferkeit, er muß selbst den Menschen, die er liebt, den Institutionen, aus deren Schoße er hervorgegangen ist, feindlich sein, er darf weder Menschen noch Dinge schonen, ob er gleich an ihrer Verletzung mitleidet, er wird verkannt werden und lange als Bundesgenosse von Mächten gelten, die er verabscheut, er wird, bei dem menschlichen Maße seiner Einsicht, ungerecht sein müssen, bei allem Streben nach Gerechtigkeit: aber er darf sich mit den Worten zureden und trösten, welche Schopenhauer, sein großer Erzieher, einmal gebraucht: »Ein glückliches Leben ist unmöglich: das Höchste, was der Mensch erlangen kann, ist ein heroischer Lebenslauf.

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